Donnerstag, Dezember 13, 2012

Muslimbrüder zeigen ihr wahres Gesicht

„Wir müssen ihm eine Chance geben“ sagten die Ägypter nach der Wahl Mursis zum Präsidenten Ägyptens. Sie wollten nicht sehen, was sich da anbahnte.


Fünf Monate lang tat Mursi nichts für Ägypten. Er reiste in der Welt herum, bettelte um Geld,  Investitionen und Vertrauen. Er erzählte, dass in Ägypten eine neue Zeit angebrochen sei, in der Demokratie und Gerechtigkeit herrsche und dass es dem Volk bald besser gehen werde.

Ende November schlug er, bzw. schlugen die Muslimbrüder zu. Morsi gab sich mit einer Verfassungserklärung weitreichende Befugnisse, die ihn über das Gesetz und über die Gerichtsbarkeit hob. Damit widerstiess er gegen einen Grundpfeiler der Demokratie und gegen Rechtsstaatlichkeit: Gewaltentrennung.


Seither gehen die Ägypter auf die Strassen: zuerst, um gegen diese Verfassungserklärung zu demonstrieren, dann um gegen die im Eilverfahren zusammen gezimmerte islamistische Verfassung zu protestieren und schlussendlich, um das Verschwinden des Regimes der Muslimbrüder zu fordern.

Inzwischen ist klar: nicht Mursi regiert, sondern die Muslimbrüder. Sie regieren mit Tricks, Lügen, gezielter Falschinformation, Verleumdung und über alle rechtsstaatlichen Errungenschaften hinweg.

Am 5. Dezember sah Ägypten brutale Gewalt: Ägypter attackierten ihre Landsleute beim Präsidentenpalast in Kairo. Es war eine Schlacht zwischen aufgestachelten Salafisten und Muslimbrüdern gegen Oppositionelle. Dank Augenzeugenberichten und Videos ist bekannt, was wirklich ablief. Demonstranten der Opposition wurden aus der Menge zum Präsidentenpalast geschleppt, dort aufs schlimmste zusammengeschlagen und gefoltert. Die Polizei sah zu und griff nicht ein, weil sie keinen Befehl dazu hatte! Die Folterer erhielten ihre Befehle telefonisch direkt von El Badie, dem Boss der MB, und gingen in den Präsidentenpalast hinein, um neue Order zu erhalten. Den MB nahestehende Ärzte verweigerten (!!) Hilfe und Pflege, Ambulanzfahrzeuge weigerten sich, die schwer Misshandelten zur Behandlung in ein Krankenhaus zu bringen. Ein Zahnarzt wurde gefilmt, wie er persönlich folterte. Gegen ihn wurde Klage erhoben.

Auf die Frage, weshalb sie so brutal zuschlügen, antworteten die Schläger, dass ihnen gesagt worden sei, die Demonstranten stünden unter Drogen, seien Ungläubige und seien Agenten vom Ausland! Kopten wurden noch schlimmer behandelt.  Übrigens zirkuliert ein Video auf Youtube, das so eine Schlägertruppe beim „Training“ in Kairo zeigt; es sind wilde Gestalten, die mich an die Bilder der Mutschahedin in Afghanistan erinnern.

Die schwer verletzten und blutenden Demonstranten wurden beim Präsidentenpalast festgehalten und nach mehreren Stunden der Polizei übergeben; sie seien bewaffnet gewesen. Der Untersuchungsrichter liess alle frei, da es keine Beweise gegen sie gab. Gestern oder heute Morgen  hat der neu eingesetzte (MB) Generalstaatsanwalt den Untersuchungsrichter nach Beni Suef versetzt und einen MB-getreuen eingesetzt; heute Abend wurde der Entscheid wieder rückgängig gemacht.

Präsident Mursi zeigte sich während 48 Stunden nach dem gewalttätigen Zusammenstoss  nicht. Hingegen sprachen die Anführer der MB. Sie sagten, sie hätten nichts mit diesen Ereignissen zu tun, aber „Geständnisse“ der Festgehaltenen zeigten, dass diese zu Recht so behandelt worden seien. Sie (die MB) sagten auch, dass sie ihren Präsidenten und ihre Verfassung verteidigten – als ob sie die Regierung wären!

Ironischerweise ist es einem ehemaligen Konsul zu verdanken, dass über das brutale Vorgehen tröpfchenweise im Westen (vor allem in den USA) berichtet wird; dieser wurde ebenfalls übel zugerichtet und gefoltert und erst frei gelassen, als sein Personalausweis beschlagnahmt und somit bekannt wurde, dass er Diplomat ist.

Bekannte Oppositionelle, Liberale, Journalisten, Politiker und Aktivisten stehen auf einer Todesliste.

Übermorgen soll über den umstrittenen Verfassungsentwurf abgestimmt werden. Schon jetzt sind Wahlurnen mit Ja-Stimmen aufgetaucht. Viele Ägypter sind von der Wahl ausgeschlossen, weil sie nicht in ihre Heimat-Gouvernements fahren können. Zudem erliess Mursi soeben ein weiteres Gesetz, das die Stimmberechtigung weiter einschränkt. Die Mehrheit der Richter boykottiert die Überwachung des Referendums - nun soll das Militär darüber wachen.

Heute wurde ein Kopte wegen Blasphemie zu drei Jahren Gefängnis verurteilt. Sein „Verbrechen“: er hat den primitiven Video, welcher sich über den Propheten Mohammed lustig macht, auf seiner Facebook-Seite gezeigt!

Das ist Ägypten nach einem Aufstand, der „Brot, Freiheit und Gerechtigkeit“ forderte und seinen Diktator verjagte: es gibt keine Gewaltentrennung, die Polizei nimmt Befehle der Muslimbrüder entgegen, das Verfassungs-Referendum ist so inszeniert, dass es ein Ja werden muss.

Das alles sind Zeichen des Faschismus. Europa hat es hinter sich. Weshalb unterstützen auch Europa und die USA die Muslimbrüder, indem sie Milliarden von Dollars und Euros schicken?? Mit den täglichen Berichten und Nachrichten, Gesetzesänderungen und –verdrehungen sowie den Aufdeckungen durch Aktivisten spielt sich bei mir innerlich ein Film ab, den ich der Vergangenheit zuordnete. Doch scheinbar wiederholt sich die Geschichte wieder: Faschismus, Nationalsozialismus.

Eine Bekannte sagt mir, dass Ägypten auch da hindurch muss. Die Aktivisten werden ihre Arbeit fortsetzen, im Wissen, dass das Referendum mit einem Ja ausgehen wird. Heute und morgen finden überall in Ägypten Informationsrunden statt, an denen einfache Leute ihren ebenfalls einfachen Landsleuten erklären, weshalb sie Nein stimmen sollen. Die Aktivisten geben nicht auf und arbeiten daran, das Wissen über Recht und Unrecht, Demokratie und Menschenrechte zu verbreiten, wie ein Schneeball.

Meinen Taxifahrer fragte ich heute Abend, wie das Geschäft so laufe. Er meinte, was den Tourismus betreffe, nicht schlecht. Aber was das Land betreffe, schlecht. Aber er hätte keine Angst. Diese Verfassung sei schlecht, sie bräuchten eine neue Verfassung, Religion habe nichts darin zu suchen! Sie wollten leben und essen und zuerst sei er Mensch und nicht Muslim. Ich war überrascht über diese Aussage, denn Taxifahrer gehören meist zu den weniger gebildeten Schichten. Ich fragte ihn, ob er ein Muslimbruder sei. Nein, nein. Seine Religion sei Allah und jene im Herzen, aber nicht in der Politik! Der Schneeball rollt…

3 Kommentare:

  1. Wirklich erschreckend' was da grad in diesem Land passiert und ich danke Dir für Deinen Bericht. Ein Bericht über ein Land das noch lange nicht frei ist und dafür noch so mancher sein Leben für die Demokrarie verlieren wird. Ich bin sehr traurig darüber, ich liebe dieses Land und inshallah wird bald Ruhe für die Menschen dort einkehren. Lg gisi

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  2. Ja Gisi, mir ist elend zu Mute und ich bin ziemlich sicher, dass es noch lange keine Ruhe gibt. Ich dachte/hoffte immer, die Zeit des Nationalsozialismus wäre vorüber...
    Bitte sende den Link an Freunde. Europa soll mehr darüber erfahren.
    Danke und lg,
    El Qamar

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  3. das mach ich gerne....meine Gedanken sind beim ägypt. Volk

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